Gewaltschutzangebote weiter ausbauen – eigenes Frauenhaus für das Mühlviertel

Gewalt an Frauen ist allgegenwärtig. Sie trifft Frauen unabhängig von Alter, Herkunft oder sozialer Stellung. Jede 5. Frau in Österreich ist zumindest einmal in ihrem Leben von physischer und/oder sexueller Gewalt betroffen. Fast Dreiviertel der in Österreich lebenden Frauen erfahren sexuelle Belästigung. Die Zahl der Femizide – Frauenmorde aufgrund des Geschlechts – durch Partner, Ex-Partner, Verwandte oder nahe Bekannte ist extrem angestiegen. „Allein in diesem kurzen Jahr sind 14 Frauen in Österreich von Ihren Partnern oder Ex-Partnern ermordet worden. Das ist erschütternd und verlangt nach raschen Maßnahmen,“ fordert die Abgeordnete zum Nationalrat, Sabine Schatz. „Die Auswirkungen der Corona-Krise machen sich auch in stark ansteigender Gewalt gegen Frauen und Kinder sichtbar.“ Alleine im Bezirk Perg kam es zu 57 Polizeieinsätzen, 88 Personen hatten Kontakt mit dem Gewaltschutzzentrum im vergangenen Jahr.

Das macht die Dringlichkeit zum Ausbau von Gewaltschutzeinrichtungen deutlich sichtbar. Wir fordern deshalb weiter mit Nachdruck ein Frauenhaus für das Untere Mühlviertel. Gewaltschutz muss oberste Priorität haben!“, sagt Schatz. Die nächstgelegene Schutzeinrichtung aus dem Bezirk Perg ist das Linzer Frauenhaus. „Wir brauchen im Unteren Mühlviertel eine eigene, gut erreichbare Gewaltschutzeinrichtung. Ein Frauenhaus kann den Ausbruch aus einer Gewaltsituation leichter ermöglichen,“ sagt die SPÖ-Abgeordnete.

Verein „Frauenhaus Mühlviertel“ gegründet.

Um der Forderung nach einem eigenen Frauenhaus im Unteren Mühlviertel mehr Nachdruck zu verleihen, wurde der Verein „Frauenhaus Mühlviertel“ gegründet. „Wir sind eine kleine Gruppe von Frauen aus den Bezirken Perg und Freistadt und wollen auf unterschiedlichen Ebenen für eine eigene Schutzeinrichtung Werbung machen,“ sagt die Vereinsvorsitzende Sabine Schatz. Ihre Stellvertreterin ist die Vorsitzende der Frauenberatungsstelle Babsi in Freistadt und Traun, Judith Rameseder. Kassierin wurde die Perger Vorsitzende der ÖGB-Frauen und stv. Vorsitzende der Frauenberatungsstelle Perg, Gaby Auinger. Weitere Proponentinnen sind Barbara Tröls, Vorsitzende der Sozialplattform Freistadt und Christa Hochgatterer, Perger AMS-Chefin. „Gemeinsam wollen wir unseren Verein erweitern und uns breit aufstellen. Der Kampf gegen Gewalt an Frauen braucht eine gesellschaftlich breite Basis und viele Organisationen, die Hand in Hand arbeiten,“ sagt Schatz.

„Das Mühlviertel ist nach wie vor ein weißer Fleck in der oberösterreichischen Frauenhaus-Landkarte. Das soll und muss sich ändern. Ein Frauenhaus für gewaltbetroffene Frauen und Kinder zu schaffen, das ist unser gemeinsames Ziel als Verein Frauenhaus Mühlviertel“ so Schatz. „Dass das dringend notwendig ist, zeigen auch die aktuellen schockierenden Zahlen.“

„Vierzehn Frauenmorde in Österreich seit Jahresbeginn – diese blutige Serie schockiert und macht mich betroffen. Allen Hinterbliebenen möchte ich mein aufrichtiges Mitgefühl aussprechen. Man kann sich nicht vorstellen, was es heißt, einem Kind erklären zu müssen, dass die Mama nicht mehr heim kommt, weil sie ermordet worden ist. Diese zwölf von ihren Partnern oder Ex-Partnern ermordeten Frauen sind aber nur die traurige und sichtbare Spitze des Eisbergs – Mord ist die letzte und extremste Eskalationsstufe einer meist langen Gewaltgeschichte. Wie hoch die Zahlen gewalttätiger Übergriffe in den eigenen vier Wänden tatsächlich sind, lässt sich nur erahnen, denn sie finden im Verborgenen statt, werden häufig von den Opfern aus Scham verschwiegen und daher nicht angezeigt“, sagt SPÖ-Landesparteivorsitzende Birgit Gerstorfer.

Laut UNO und WHO steigen weltweit gewaltsame Übergriffe gegen Frauen und Mädchen stark an. Zwei von drei Übergriffen passieren in der Familie oder im engsten sozialen Umfeld. Auch in Oberösterreich sind die Zahlen konstant hoch. Die Coronakrise hat zu einer zusätzlichen Verschärfung geführt: im Jahr 2020 wurde die Polizei in Oberösterreich  zu fast 1.600 Einsätzen wegen häuslicher Gewalt gerufen – das heißt im Schnitt zu mindesten vier Fällen pro Tag!

 „Die Ankündigung von Bundesministerin Susanne Raab, nur 25 anstatt der von den Opferschutzeinrichtungen geforderten 228 Millionen Euro für den Gewaltschutz in Österreich zur Verfügung zu stellen, zeigt dass hier seitens des Bundes nach wie vor zu wenig getan wird. Auch hilft es keinem einzigen Opfer, wenn versucht wird das Thema Gewalt an Frauen auf ein Migrationsproblem zu reduzieren. Alle vorliegenden Zahlen zeigen, dass sich Gewalt quer durch alle gesellschaftlichen Schichten zieht und keine Frage der Herkunft des Täters ist“, so Gerstorfer.

Sozialressort stellt 4,5 Mio. Euro für Gewaltschutz zur Verfügung

Neben zahlreichen anderen Gewaltschutzangeboten, finanziert das Sozialressort des Landes derzeit fünf Frauenhäuser in Oberösterreich – in Linz, Wels, Steyr, Ried im Innkreis und Vöcklabruck. Dazu kommen sechs Übergangswohnangebote für Frauen, die nicht akut von Gewalt betroffen sind, aber aus einer belastenden häuslichen Beziehung flüchten müssen.

Aufgrund der hohen Auslastung und der nicht mehr zeitgemäßen Wohnverhältnisse werden das Frauenhaus in Ried und das Frauenhaus Steyr 2021 an einem neuen Standort durch einen Neubau ersetzt. In Braunau ist für 2021 zudem der Spatenstich für ein sechstes Frauenhaus geplant. Es bietet künftig Wohnmöglichkeit und Schutz für sechs Frauen und deren Kinder, die Gewalt durch Angehörige ausgesetzt sind. Die geplanten Baukosten für das Haus in Braunau belaufen sich auf insgesamt 1,7 Mio. Euro.

„Dieser Ausbau wird aber auch nach 2021 weitergehen. Das Mühlviertel und Innere Salzkammergut werden ebenfalls ein modernes Frauenhaus bekommen. Dass kürzlich der Verein „Frauenhaus Mühlviertel gegründet wurde, freut mich sehr. Nun läuft bereits die Suche nach einem geeigneten Grundstück, bei Erfolg könnte ein Baustart bereits 2022 erfolgen“, so Birgit Gerstorfer.

Oö. Frauenhäuser: Orte der Sicherheit für Frauen und ihre Kinder

Viele Frauen leben jahrelang mit einem gewalttätigen Partner, bevor sie sich oftmals erstmalig an ein Frauenhaus wenden. Im Jahr 2020 lebten knapp 3000 Frauen und Kinder in Österreich in einem Frauenhaus. Dieser Schritt erfordert sehr viel Mut und Kraft von den Betroffenen.

„Es geht um Hilfe für von Gewalt betroffene Frauen und Kinder. Es ist wichtig, die persönlichen Probleme und Ängste der Frauen aufzugreifen. Es braucht viel Wissen und Erfahrung um gute Hilfe anbieten zu können. Für viele Frauen ist es oft schwer vorstellbar, z.B. ihre Kinder aus der gewohnten Umgebung – Schule, Kindergarten usw. zu reißen“ weiß Margarethe Rackl vom Frauenhaus Linz.

Da erleichtere eine näherliegende Schutzeinrichtung die oft lebensrettende rechtzeitige Trennung um Einiges. Im Frauenhaus erhalten Frauen und Kinder psychosoziale und juristische Unterstützung und Begleitung zu diversen Behördengängen wie auch zu Polizei oder Gericht.